Der Maler Peter Hirsch

Peter Hirsch

* 24.08.1889
† 26.06.1978


(Auszug aus dem Ausstellungskatalog der Galerie Dr. Fresen in München, aus dem Jahre 1986)

Peter Hirsch wurde am 25. Mai 1889 in München als Sohn eines Maschinenarbeiters geboren. Die Eltern, obwohl nicht gerade begütert, ermöglichten ihm mit großem Verständnis für seine früh erwachte Leidenschaft privaten Malunterricht. Es entsprach aber durchaus ihren Vorstellungen, als König Ludwig III dem jungen Hirsch, der ihm in einer Audienz eins Portrait überreicht hatte, anriet, zunächst einen "richtigen" Beruf zu erlernen. Ein guter Kompromiß war die Lehre bei der Lithographie-Anstalt Conse in München. Als Meister war er dann Zeichner bei Eisenwaren Kustermann und später Teilhaber der Kunstwerkstätten seines Bruders Franz.

Erst seine Frau Franziska ermunterte ihn, an die Akademie der bildenen Künste in München zu gehen. Weil er schon über 30 Jaher alt war, benötigte er dazu eine Begabtensondergenehmigung. Er studierte bei den Professoren Peter von Halm und Karl von Marr und als Gast der Universität Kunstgeschichte und plastische Anatomie.

Schon während dieses Studiums erhielt er -sehr zum Ärger seiner Lehrer- als einziger Maler die Erlaubis, 1921 die nächtliche Aufbahrung des letzten Bayerischen Königspaares in St. Ludwig zu malen. Dieses Bild, das seine Frau ohne sein Wissen in eine Galerie zur Ausstellung gegeben hatte, bedeutete den Durchbruch. Fortan wurden seine Werke im Glaspalast ausgestellt. Das Aufbahrungsbild selbst hing im Armeemuseum München.

Peter Hirsch empfand sich von Anfang an in erster Linie als Portraitmaler und wurde als solcher, vor allem in den Zwanzigerjahren, der gefrate Portraitist zahlreicher bekannter Persönlichkeiten, beginnend mit mehreren Bildnissen des Kardinals Faulhaber; eines hängt heute im Diözesanmuseum Freising. Bleibt man bei der Zitierung geistlicher Würdenträger, so folgen vier (!) Päpste: Pius XI, Pius XII, Johannes XXIII und Paul VI, alle in persönlicher Audienz gemalt. Repliken dieser vier Papstportraits hängen im erzbischöflichen Ordinariat in München.

Verschollen ist das Monumentalgemälde, das die Ratifikation des bayerischen Konkordats 1924 festhielt. Auf ihm waren der damalige Nuntius E. v. Pacelli, Ministerpräsident Held und sein Kabinett in Überlebensgröße dargestellt. Das Bild hing bis zu Beginn der Dritten Reiches im Montgelassaal des Bayersischen Außenministeriums (ja, das gabs!), wurde im Krieg in ein Salzbergwerk evakuiert, woraus es entwendet wurde.

Nachdem Hirsch den Reichspräsidenten Paul v. Hindenburg bereits in Berlin portraitiert hatte, bekam er später Gelegenheit, den Fackelzug zu Ehren des 80. Geburtstages im Bild festzuhalten. Fürst Bismarck, Kronprinz Rupprecht, Prinz Leopold, Wissenschaftler und Künstler suchten Peter Hirsch in seinem Schwabinger Atelier in der Blütenstraße auf, um sich portraitieren zu lassen. Von besonderem anekdotischen Interesse unter den zahlreichen Musikerportraits ist das des Komponisten Prof. Rüdinger, insofern dieser zum Dank einen "Peter-Hirsch-Kanon" komponierte, der zum 40. Geburtstag des Malers im Münchner Odeon, uraufgeführt wurde.

Die Portraits enstanden immer in wenigen Sitzungen, vereinzelt sogar in einer Stunde (Pius XI). In den Sitzungen ging es nicht steif zu; vielmehr wurde durch Diskussion und kleinen Imbiß, meist unter Mitwirkung seiner Frau, für ein lebendiges Konterfei des Modells gesorgt.

Seine Reisen nach den USA, Kanada, Frankreich, England, die Niederlande, Schweiz, Italien und Ungarn brachten es mit sich, daß er sich -trotz des immensen Arbeitspensums als Portraitist- daneben in allmählich wachsendem Ausmaß auch der Landschafts- und Städtemalerei widmete. Über das große Wasser wollte er eigentlich nicht, weil er Nichtschwimmer sei, wie er sagte, bis er 1934 durch den Auftrag des Norddeutschen Lloyds gezwungen wurde, Kapitän Ziegenbein anläßlich der 100. Überfahrt des Dampfers "Bremen" zu portraitieren. Überraschendeweise wurde er als einer der wenigen nicht Seekrank, als man ihn bei Windstärke 12 auf der Kommandobrücke festzurrte, damit er eine Woge malen könne.

In der Landschaftsmalerei experementierte er sich, ausgehend von der erlernten Münchner Schule, über einen kühnen Impressionismus bis zum Pointillismus durch, um am Ende seines Lebens phantastische, expressionistische Waldbilder zu malen.

Mit wenigen Ausnahmen schuf Peter Hirsch positive, frohe Bilder, obwohl er Zeit seines Lebens von Ängsten gequält war. Auch ein fast manischer Fleiß erklärt sich aus ständiger Furcht vor einem zu frühen Tode. In den letzten Lebensjahren waren, bei zunehmender Depression von Geist und Gemüt, seine Ölbilder immer farbenfreudiger geworden.

Seine Malweise war äußerst temperamentvoll; ständig bewegte er sich vor der Staffelei vor und zurück. Sein Kollege Reinicke hatte von einem Fenster auf der gegenüberliegenden Seite der Blütenstraße dieses Abstandnehmen einen Tag lang genau gezählt, um eine Gesamtstrecke von 25 km zu errechnen.

Der zweite Weltkrieg bedeutete einen absoluten Tiefpunkt in seinem Schaffen. Bezeichnend für diese Jahre der Mutlosigkeit ist ein Auftrag "Entwürfe für Fleißbildchen". Schon zu Beginn des Dritten Reiches wurde er als "ultramoderner Maler" beschimpft, einmal in die Reihe "entarteter Künstler" eingestuft und stets bei Ausstellungen refüsiert. Schließlich wurden Atelier und Heim Opfer der Bomben.

Nach dem Krieg fand der Künstler zunächst Ruhe in Schliersee. Dort und nach seiner Rückkehr nach München wurde ihm die verdiente Anerkennung zuteil, nicht nur in Form von Aufträgen, sondern auch durch die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes und des Bayerischen Verdienstordens. Letzteren erhielt er besonders wegen seiner fast 50jährigen Tätikeit als Dozent für Zeichnen und Malen im Bayerischen Volksbildungsverband (erster Unttericht im Nordturm des Isartores), später an der Volkshochschule.

Peter Hirsch starb am 29. Juni 1978 in seiner Wohnung, bis fast zuletzt imaginäre Bilder in die Luft malend. Er und seine Frau, die Malerin Franziska Hirsch, wurden im Künstlerfriedhof des Waldfriedhofs beigesetzt.

Lassen Sie uns schließen mit einem schönen Gästebucheintrag des Kardinal Faulhaber : "Glaube und Kunst sind Geschwister. Der Bruder bringt die Erde zum Himmel, die Schwester den Himmel zur Erde"

(Auszug aus dem Ausstellungskatalog der Galerie Dr. Fresen in München, aus dem Jahre 1986) 





Quellen: Bruckmann: Münchner Maler im 19./20. Jahrhundert, Bd. 5, München 1993, S. 396-397; Bénézit 1999

Peter Hirsch wurde am 24.8.1889 in München geboren. Aufgrund seiner künstlerischen Begabung erhielt er in seiner Jugendzeit privaten Malunterricht, ließ sich aber zunächst als Lithograph ausbilden. Sein Studium der Malerei begann er im Alter von 30 Jahren an der renommierten Kunstakademie in München, wo er bis 1922 vor allem die Klassen von Peter von Halm und Carl von Marr besuchte. Gleichzeitig hörte er kunsthistorische Vorlesungen. Mit einem aufsehenerregenden Gemälde der nächtlichen Aufbahrung des letzten bayerischen Königspaares in der Kirche St. Ludwig gelang ihm der künstlerische Durchbruch. Nachfolgend stellte er seine Bilder regelmäßig im Münchener Glaspalast sowie im Münchener Kunstverein aus und entwickelte sich mit seiner impressionistischen und kraftvollen Malweise zu einem gefragten Porträtmaler. Bekannte Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kunst sowie hohe kirchliche Würdenträge waren seine Auftraggeber, darunter die vier Päpste Pius XI., Pius XII., Johannes XXIII. und Paul VI. Zu seinen Bildthemen zählen auch historische Darstellungen, wie die Unterzeichnung des bayerischen Konkordats 1927, Interieurs und Landschaftsbilder aus der Umgebung von München. Insbesondere in seinen Landschaften entwickelte er einen eigenen Stil, in dem er impressionistische, pointillistische und expressionistische Elemente einsetzte. Seine Werke wurden in der Zeit des Nationalsozialismus als "entartet" klassifiziert, wodurch er Ausstellungsverbot erhielt. Zwischen 1934 und 1940 konnte er aber Aufträge im Ausland annehmen und arbeitete in den USA, in Kanada, in den Niederlanden, England, Frankreich, Italien, Ungarn und in der Schweiz. Nachdem 1944 seine Wohnung und sein Atelier durch Bomben völlig zerstört wurde, zog er an den Schliersee. Nach dem Zweiten Weltkrieg malte er weiterhin zahlreiche Porträts sowie Genrebilder und Landschaften. In den 1970er Jahren entstanden auch wieder druckgrafische Arbeiten. Bis 1969 war der Künstler auch Lehrer an der Münchener Volkshochschule. 1972 wurde ihm der Bayerische Verdienstorden verliehen. Peter Hirsch starb am 26. Juni 1978 in München und wurde auf dem Künstler-Ehrenfriedhof des Münchener Waldfriedhofs beerdigt. Für die Rektorengalerie der Universität zu Köln porträtierte er 1956 den Kirchenrechtler Godehard Ebers.

Quellen: Bruckmann: Münchner Maler im 19./20. Jahrhundert, Bd. 5, München 1993, S. 396-397; Bénézit 1999